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Stolpersteine vor dem Stadtforum erinnern an die Geschwister Loewenstein

Am Mittwoch, 7. Mai 2025, und damit einen Tag vor dem 80. Jahrestag der Befreiung vom Nationalsozialismus, haben Mitglieder des Vereins Stolpersteine für Dresden e. V. gemeinsam mit dem Kölner Künstler Gunter Demnig zwei Stolpersteine vor dem Stadtforum Dresden verlegt. Sie erinnern an die Geschwister Gerda und Richard Werner Loewenstein, die einst in der Bankstraße 13 wohnten. Die Stolpersteine wurden in der Nähe der Stelle verlegt, an der die Bankstraße bis 1945 verlief. Nachfahren der Familie Loewenstein wohnten der Verlegung bei, darunter Dr. James Miller, Enkel von Richard Werner Loewenstein und US-Generalkonsul in München. Auch John R. Crosby, US-Generalkonsul für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, war zu Gast.
Stolpersteine bringen die Namen der Opfer der NS-Diktatur an den Ort zurück, an dem sie zuletzt freiwillig gelebt haben. Gunter Demnig hat mittlerweile mehr als 100.000 Stolpersteine in ganz Europa verlegt, die an das Schicksal von Jüdinnen und Juden, Antifaschistinnen und Antifaschisten, Zeugen Jehovas, Homosexuellen, Euthanasie-Opfern sowie an Sinti und Roma erinnern.
Wer waren Gerda und Richard Werner Loewenstein?
Richard Werner Löwenstein wurde am 28. Dezember 1911 als Sohn von Julia Löwenstein (1888–1943) und Karl Löwenstein (1884–1918) in Duisburg geboren. Die jüdische Familie lebte zunächst in Hameln. Nach dem Tod seines Vaters 1918 zog der Siebenjährige mit seiner Mutter und seiner jüngeren Schwester Gerda Löwenstein (1913–1933) nach Altenkirchen, der Geburtsstadt von Julia Löwenstein. Dort lebten sie bei Verwandten. 1921 übersiedelte die Familie nach Dresden und zog in die Bankstraße 13. Mit Hilfe ihres Bruders Albert Levy (1886–1943) konnte sich Julia Löwenstein in Dresden als Stickerin eine Existenz aufbauen. Zwei Jahre später heiratete sie den jüdischen Handelsvertreter Berthold Altmann (1882–1943).
Das Selbstverständnis seiner Familie beschrieb Richard Werner Löwenstein rückblickend als „deutsch-jüdisch“. Man war sich bewusst, dass man jüdisch war, fühlte sich aber in erster Linie als deutsch. Sein Vater und sein Stiefvater hatten im Ersten Weltkrieg als Soldaten im deutschen Heer gedient und waren mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet worden.
In Dresden besuchte Richard Werner Löwenstein die Kreuzschule. Anschließend begann er eine Ausbildung in dem jüdischen Einzelhandels-Konzern Alsberg an der Wilsdruffer Straße.
Nur wenige Tage nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten nahm sich Richard Werner Löwensteins Schwester das Leben. Er fand sie, als er nach einem Kinobesuch nach Hause kam.  Am 1. April 1933 erreichte die Ächtung jüdischer Unternehmen mit dem Boykott gegen jüdische Geschäfte einen ersten Höhepunkt. Gemeinsam mit anderen als jüdisch verfolgten Angestellten wurde auch Richard Werner Löwenstein wenig später entlassen. Der Betrieb selbst wurde im Sommer 1933 „arisiert“. Unter dem Eindruck zunehmender Zwangsmaßnahmen und Entrechtung der jüdischen Bevölkerung fasste Richard Werner Löwenstein den Entschluss, aus Deutschland auszuwandern. Nach einem kurzen Aufenthalt in Palästina kehrte er jedoch im Sommer 1934 nach Deutschland zurück. Der Bruder seiner Mutter Albert Levy (1886–1943), Geschäftsführer des Kaufhaus-Unternehmens M. & S. Cohn in Altenburg (Thüringen), bot ihm eine Stelle in dem Kaufhaus an. An seiner Absicht, aus Deutschland auszuwandern, hielt Richard Werner Löwenstein jedoch fest. 1936 konnte er sie verwirklichen. Während viele Länder die Einwanderung für jüdische Emigrantinnen und Emigranten aus Deutschland stark beschränkten, erhielt er für Südafrika eine Einreisegenehmigung. Die Wochen vor seiner Auswanderung verbrachte Richard Werner Löwenstein wieder in der elterlichen Wohnung in Dresden. Gemeinsam mit einem Sohn seines 1943 in Auschwitz ermordeten Onkels Albert Levy und einem Verwandten aus der Familie seines Stiefvaters verließ er das nationalsozialistische Deutschland.
Richard Werner Löwenstein kam an seinem 25. Geburtstag in Kapstadt an. In seiner neuen Heimat anglisierte er seinen Nachnamen in „Loewenstein“. In den kommenden Jahren baute Richard Werner Loewenstein in Südafrika eine neue Existenz auf und gründete nach verschiedenen Versuchen, sich selbständig zu machen, schließlich ein Schuhgeschäft. Sein Plan, seine Eltern nachzuholen, misslang. Julia und Berthold Altmann wurden 1943 in Auschwitz ermordet. Richard Werner Loewenstein heiratete in Port Elizabeth (Südafrika) und bekam zwei Töchter. Dort lebte er bis zu seinem Tod am 4. Juli 2007.
Autorin: Christine Bücher
Quellen:
Telefonische Auskunft Christian Repkewitz, 7.2.2025
USC Shoah Foundation, Visual History Archive: Richard Lowenstein,
(Interview, 4.3.1996)
https://vha.usc.edu/testimony/11108?from=search&seg=7
Familie Altmann, Berthold, in: Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Dresden e. V. / Archiv Gedenkbuch in der Jüdischen Gemeinde zu Dresden (Hg.), Buch der Erinnerung Juden in Dresden deportiert, ermordet, verschollen. 1933–1945, Berlin/Leipzig 2025, S. 33f
Löwenstein Gerda [05.02.1933], Digitale Edition ─ Jüdischer Friedhof Dresden, neuer Friedhof, Fiedlerstraße 3, dr2-32305,
(Datum)
http://www.steinheim-institut.de/cgi-bin/epidat?id=dr2-32305&lang=de
Stadtarchiv Dresden: 6.4.25 (Standesamt/Urkundenstelle)-1.4.2 (Standesamt I, Sterbebücher (Zweitbücher))-118 (Nr. 578/1933)
Stadt- und Kreisarchiv Paderborn: S - STR Geburten Paderborn Nr. 702/1913 [dort und im Sterbeeintrag als „Bertha“ Löwenstein]
Deutsch-jüdische Jugendgemeinschaft, in: Gemeindeblatt der Israelitischen Religionsgemeinde zu Dresden, 1929, Nr. 12, S. 15

Fakten

  • Am Mittwoch, 7. Mai 2025
  • Das Ereignis fand einen Tag vor dem 80. Jahrestag der Befreiung vom Nationalsozialismus statt
  • Die Stolpersteine wurden von Mitgliedern des Vereins Stolpersteine für Dresden e.V. und dem Kölner Künstler Gunter Demnig verlegt
  • Sie erinnerten an die Geschwister Gerda und Richard Werner Loewenstein, die einst in der Bankstraße 13 wohnten
  • Die Stolpersteine wurden in der Nähe der Stelle verlegt, an der die Bankstraße bis 1945 verlief
  • Nachfahren der Familie Loewenstein wohnten der Verlegung bei
  • Dr. James Miller, Enkel von Richard Werner Loewenstein, war anwesend
  • Gunter Demnig hat seit 1996 Stolpersteine im Auftrag des Landes Nordrhein-Westfalen verlegt
  • Der Standort in Dresden ist die erste Verlegung in Sachsen nach 2018
  • Die Stadtarchiv Dresden wurde für den Tag ausgerichtet, um einen Besuchern über das Ereignis zu informieren
  • Dresden: Die Stolpersteine wurden an der Bankstraße verlegt. Einzelheiten
  • Standort der Stolpersteine: Bankstraße in Dresden
  • Ort: Dresden
  • Bundesland: Sachsen
  • Landkreis: Landeshauptstadt Dresden
  • Stadt: Dresden
  • Postleitzahl: 01067
  • Ortsvorwahl: 0351
  • Stolpersteine verlegt von: Gunter Demnig und Mitglieder des Vereins Stolpersteine für Dresden e.V.
  • Gegründet im: 1996
  • Adresse: Steinstraße 4, 01067 Dresden
  • Telefon: 0351-4944117
  • Fax: 0351-4944117
  • Email: [info@stolperstein-verlag.de](mailto:info@stolperstein-verlag.de)
  • Bankverbindung: IBAN: DE98 3415 0000 0116 1111 01
  • BIC: GENODEFXXX
  • Stadtarchiv Dresden: Am 7.4.25 wurde das Ereignis aufgenommen
  • Stolperstein-Verlegung von Gunter Demnig und Mitgliedern des Vereins Stolpersteine für Dresden e.V.
  • Richard Werner Loewenstein ist am 4. Juli 2007 gestorben
  • Seine Frau war am 15. April 2025 verstorben
  • Sein Vater, Berthold Altmann, wurde 1943 in Auschwitz ermordet
  • Seine Mutter, Julia Löwenstein, wurde ebenfalls 1943 in Auschwitz ermordet
  • Richard Werner Loewenstein hat zwei Töchter und war vor dem Krieg in Dresden
  • Er ist in Palästina gewesen
  • Nach dem Tod seiner Eltern hat er sich entschieden nachzukommen
  • Er hat sein Geschäft in Südafrika aufgebaut
  • Sein Bruder Albert Levy wurde 1943 ebenfalls in Auschwitz ermordet